Immer noch treffe ich Menschen, die noch nie bei einer Trauerfeier ohne religiösen Beistand, also etwa Priester oder Pastor, teilgenommen haben.
Ich betone gerne, dass meine Trauerreden – außer den sehr wesentlichen persönlichen Inhalten, auch spirituelle Gedanken teilen.

Eine Trauerrede ohne Religion bietet die wunderschöne Möglichkeit, das Große Ganze und den Kreislauf des Lebens in die Herzen der Menschen zu holen, ohne explizit religiöse Begriffe wie Gott oder Erlösung und Auferstehung zu nutzen.

Denn

Das Leben und der Tod sind die spirituellsten Erfahrungen die es gibt.

Warum ich mir mit religiösen Inhalten schwer tue

Mir ist es ein Anliegen, nicht per se gegen Religion an sich zu argumentieren. Oftmals ist sie Ausdruck unserer Identität und für viele Menschen ist sie ein Anker, der Halt und Hoffnung gibt.

Religion wird nicht in Frage gestellt. Natürliche Spiritualität aber sehr wohl.

Das darf sich endlich ändern.

In religiösen Texten finden sich so oft Inhalte wie
„Hoffnung auf Auferstehung“,
„Bitte um Erlösung“,
„Befreiung von Schuld und Sünde“

und alles ist darauf ausgerichtet, den kleinen Menschen ins große Himmelreich einzulassen.

Das halte ich für falsch.

Religion ist viel zu lange als Werkzeug dafür missbraucht worden, Menschen klein zu halten und Macht zu demonstrieren.

Wir sind keine armen Sünder, die um Vergebung bitten oder darauf hoffen müssen, dass wir erlöst werden.

Selbst der Dalai Lama hat einst das Zitat geprägt:

„Manchmal denke ich, es wäre besser, es gäbe keine Religionen.“

Als Visionärin bin ich fest davon überzeugt, dass wir Menschen wieder zu einer ganz natürlichen Spiritualität finden werden.
Zu einer, die wir nicht mehr belächeln, anzweifeln oder – weil nicht wissenschaftlich genug – in Frage stellen.

Das bedeutet Spiritualität für mich

Ich glaube nicht an etwas, ich lasse zu, es zu spüren.

Die Verbindung von allem was ist, über die Dimension der Zeit hinaus, ist für mich eine Tatsache, die mir immer wieder begegnet.

Wir Menschen sind so viel mehr als wir mit unseren Augen sehen und unserem Verstand begreifen können.

Zu gerne wollen wir alles benennen, analysieren und verstehen können. Das Große Ganze aber geht weit über unseren Verstand hinaus.
Es zeigt uns immer wieder, dass wir Menschen mit unserem Verstand an Grenzen stoßen und fordert uns in hohem Maße auf hinzuspüren und wahrzunehmen.

Gar nicht so einfach in einer Gesellschaft, die seit Jahrhunderten immer rationaler geworden ist.

Heutzutage gibt es allerdings auch immer mehr Wissenschaft, die vieles, was gerne belächelt und bezweifelt wird, in rationale und erklärbare Inhalte gießt. Gut so!

Und doch setze ich mich dafür ein, dass wir einfach wieder mehr auf unsere Intuition, unser Gespür und unsere natürliche Spiritualität vertrauen.

Denn

Wir selbst zu sein ist das spirituellste, das wir tun können“. (Bahar Yilmaz)

Warum gerade ein Begräbnis die Herzen der Menschen öffnet

Bei einem Begräbnis werden wir mit Tatsachen konfrontiert, die wir in unserem Alltag gerne ausblenden.
Der Tod zwingt uns regelrecht dazu, uns allem zuzuwenden, was wir nur zu gerne verdrängen.

In diesen Tagen, an denen wir den Tod eines geliebten Menschen akut betrauern, ist unser Herz offener als sonst.

Wir dürfen eintauchen in das Geheimnis von Leben und Tod.
Und oftmals zeigt sich in diesen Tagen auch alles, das wir bis dahin vor uns selbst versteckt haben.

Wir dürfen wieder wahrnehmen lernen.

Das Vertrauen in den Kreislauf des Lebens.
Nichts und niemand geht für immer verloren.
Alles bleibt auf ewig miteinander verbunden. (Warum ich nicht über loslassen spreche)

Das können wir nicht wissen.
Aber fühlen.

Wenn wir uns nicht erlauben zu fühlen, dann kann es sein, dass unser Körper leidet (6 Anzeichen für Trauer im Körper). Unser Körper ist das Zuhause unserer Seele und das Bindeglied zwischen der Erde und dem Spirituellen Sein.

FAZIT

Wenn ich eine weltliche Trauerrede – so der Fachbegriff – halte, dann ist diese für mich höchst spirituell.
Das muss sie sein. Denn Spiritualität ist unsere Ur-Essenz als Mensch.
Wir kommen aus ihr und gehen wieder zu ihr zurück.